
Das Potsdam Museum zeigt ab Sonntag, 10. Dezember, erstmalig eine umfassende Werkschau des spätexpressionistischen Künstlers Fritz Ascher (1893-1970). Die Ausstellung „Leben ist Glühn“ wird zeitgleich an zwei verschiedenen Standorten präsentiert. In Kooperation mit der Fritz Ascher Society for Persecuted, Ostracized and Banned Art, Inc., New York (Fritz Ascher Gesellschaft für Verfolgte, Verfemte und Verbotene Kunst mit Sitz in New York) werden im Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte und im Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim Gemälde, Papierarbeiten und Gedichte gezeigt, in denen Ascher seine starke und einzigartige Sprache entwickelte. Die Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße nimmt beide Ausstellungen zum Anlass für die Werkstattausstellung „‚Sechs Wochen sind fast wie lebenslänglich...‘ – Das Potsdamer Polizeigefängnis Priesterstraße/ Bauhofstraße“.
Gestern wurde die Werkschau von der Direktorin des Potsdam Museums, Dr. Jutta Götzmann, und Kuratorin der Ausstellung und der Direktorin der Fritz Ascher Gesellschaft für Verfolgte, Verfemte und Verbotene Kunst mit Sitz in New York, Rachel Stern, der Leiterin des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim, Dr. Sabine Witt und die Leiterin der Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße, Uta Gerlant den Medienvertretern vorgestellt. Der Termin diente als Auftakt für alle drei Ausstellungen.
Ein umfangreiches Begleitprogramm, das in Kooperation aller drei Partner entstand, vertieft die Ausstellungsthemen. Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Prof. Monika Grütters.
Die Potsdamer Ausstellung umspannt Aschers Werk von ersten Studienzeichnungen über expressive Figurenkompositionen der Weimarer Republik bis zu seinen späten Grunewald-Landschaften. Ascher überlebte zwei Weltkriege und die Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Sein Schicksal steht exemplarisch für die zahlreichen vielversprechenden Karrieren der sogenannten verlorenen Generation.
Fritz Hermann Ascher wurde am 17. Oktober 1893 in Berlin geboren und verbrachte den Großteil seines Lebens dort. Sein künstlerisches Talent zeigte sich früh. Die erfolgreiche Tätigkeit seines Vaters ermöglichte dem ältesten Sohn eine Ausbildung an der Kunstakademie. Mit der Machtübernahme Adolf Hitlers veränderte sich Aschers Leben dramatisch – bereits 1933 wurde er der NSDAP als politisch verdächtig gemeldet und erhielt als jüdischer und „entarteter“ Künstler Berufsverbot. Ascher wechselte in Berlin und Potsdam mehrfach aus Angst vor Repressalien seine Aufenthaltsorte. Er versteckte sich ab 1934 zunächst in Steinstücken und später in Neubabelsberg in Pensionen und Privatunterkünften.
Im November 1938 wurde Ascher in einer Babelsberger Pension durch die Potsdamer Staatspolizei gefangen genommen und an das KZ Sachsenhausen überstellt. Auf Betreiben seines Freundes Gerhard Graßmann wurde er Ende des Jahres entlassen, ab dem 2. Januar 1939 folgte eine erneute Internierung im Potsdamer Polizeigefängnis bis zu seiner Entlassung unter Auflagen. Der im Mai 1942 drohenden Deportation entging Ascher durch Vorwarnung eines Polizeibeamten sowie durch seine Flucht in die Wohnung von Martha Graßmann, Mutter seines verstorbenen Freundes, in Berlin-Grunewald. Hier erlebte er in der Illegalität das Kriegsende. Noch in den letzten Kriegstagen, am 25. April 1945, zerstörte ein Bombenangriff zahlreiche Gemälde Aschers, die er bei Freunden untergebracht hatte.
Als verfolgter und mittelloser Künstler fand Ascher – durch die Jahre der Flucht und Illegalität traumatisiert – nach dem Krieg nur langsam zu künstlerischer Betätigung zurück. Sozialhilfebeträge und erste geringe Entschädigungszahlungen ermöglichten ihm ein bescheidenes Auskommen. Martha Graßmann unterstützte Ascher in juristischen Fragen und half dem zunehmend in sich gekehrten Künstler bis zu seinem Tod 1970 bei alltäglichen Arbeiten.
Zur Ausstellung ist ein wissenschaftlicher, 292 Seiten umfassender Katalog erschienen.
Das Potsdam Museum dankt der Deutschen Bank, den Bahnhofspassagen Potsdam und der Firma Reinwald für ihre Unterstützung.