
Am Ende meines Humboldt-Projektes musste ich im Bus von Pasto in Kolumbien zurück nach Lima, laut Fahrplan ca. 45 Stunden. Obwohl ich die Filme in Bleibeuteln transportierte, wollte ich sie nicht einer zusätzlichen Kontrolle an einem Flughafen aussetzen. Die Diebstahlsgefahr bei einer Busreise erschien mir geringer. Der Rucksack mit der Kameraausrüstung und 144 Rollfilmen kam weder in den Gepäckraum - selbst dort schleusen sich manchmal Diebe ein - noch ins Gepäcknetz über mir. Er stand während der gesamten Reise auf meinen Oberschenkeln, eingeklemmt zwischen Brust und Rücklehne des Vordersitzes, mit einem Spanngurt an mir festgebundenen. Nur die Verlustangst um das Ergebnis dieser siebenmonatigen Arbeit liess mich diese Fahrt überstehen.
Und Glück gehörte natürlich auch dazu. Im Terminal von Cajamarca erzählte man, dass der Fernbus vor zwei Tagen im Gebirge von schwer Bewaffneten angehalten und komplett ausgeraubt wurde. Es war November 2010 und der Bericht endete mit der lapidaren Bemerkung: „Bald ist Weihnachten. Diebe brauchen auch Geschenke“. Nach 62 Stunden kam ich unversehrt in Lima an.
Frank Gaudlitz