Präsentation der Broschüre „Spurensuche auf dem Jüdischen Friedhof Potsdam“ und der Schenkung eines Porträts des ersten Potsdamer Rabbiners Jechiel Michel

 „G.F. Schmidt ad vivum Jeciel Berolini 1762“ © Potsdam Museum
 „G.F. Schmidt ad vivum Jeciel Berolini 1762“ © Potsdam Museum
„G.F. Schmidt ad vivum Jeciel Berolini 1762“ © Potsdam Museum
Jüdischer Friedhof in Potsdam, Foto: Anke Geißler
Jüdischer Friedhof in Potsdam, Foto: Anke Geißler
Jüdischer Friedhof in Potsdam, Foto: Anke Geißler

Im Rahmen eines Seminarkurses am Potsdamer Humboldt-Gymnasium mit 15 Schüler/innen der 11. Klasse entstand im 1. Schulhalbjahr 2015/2016 ein facettenreiches Lehrmaterial für den Unterricht. Finanziert wurde dieses Schülerprojekt der Vereinigung für Jüdische Studien e.V. durch das „Leo Baeck Programm“ der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“. Realisiert wurde es unter mühevoller Kleinarbeit, begleitend durch die Lehrerin Frau Andrea Rauch sowie durch die großzügige Unterstützung unterschiedlichster Protagonisten.

Die jüdische Geschichte Potsdams ist bislang nur wenigen bekannt. Der Jüdische Friedhof in Potsdam ist der einzige authentische Gedächtnisort, der vom Lebenszyklus der in der ehemaligen preußischen Residenz- und Garnisonstadt lebenden jüdischen Bevölkerung zeugt. Er ist zudem Ausdruck des unterschiedlichen Umgangs der Nachgeborenen mit ihrem Kulturgut. Außerdem ist der Jüdische Friedhof Potsdam derzeit als einziger in Deutschland durch die UNESCO als Welterbe anerkannt. Deshalb entstand die Idee, Schüler/innen zu ermuntern, sich mit dem jüdischen Erbe ihrer Stadt zu beschäftigen. Im Vordergrund standen neben einer Annäherung an verschiedene, den Friedhof betreffende Sachthemen eine Beschäftigung mit einzelnen jüdischen Potsdamern, ihren Familienschicksalen und Lebenskonzepten.

Ziel ist, die vorliegende Broschüre an Schulen und Bildungseinrichtungen in Potsdam und im Land Brandenburg zur interkulturellen Bildung und Erziehung einzusetzen. Sie soll Anregung sein, sich auf lokalgeschichtliche Spurensuche zu begeben. Junge Menschen sollen Argumente erhalten, um sich für Demokratie und Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit einzusetzen.

Ein besonderer Höhepunkt der Veranstaltung war die Übergabe eines Porträts des ersten bekannten Potsdamer Rabbiners Michel Hirsch als Schenkung des Fördervereins des Potsdam Museums an das Haus. Das Porträt ist als Reproduktion auch in der von Robert Kaelter 1903 herausgegebenen „Geschichte der Jüdischen Gemeinde zu Potsdam“ enthalten. Eine Erstausgabe dieses seltenen und wertvollen Buches wurde ebenfalls vom Förderverein aus einem Jerusalemer Antiquariat erworben und ist Bestandteil der Schenkung.

Michel Hirsch (Jechiel Michel) lebte von ca. 1719 bis 1777 und übte seine Funktion als erster Rabbiner Potsdams (belegt seit 1743) sehr viele Jahre ehrenamtlich aus. Sein Geld verdiente er als Besitzer je einer Hanffabrik in Westfalen und in Potsdam, für deren Produkte er das Monopol in ganz Brandenburg hatte. Darüber hinaus war Hirsch Kassierer der kurmärkischen Judenschaft. Sein Grabstein ist – stark verwittert – auf dem jüdischen Friedhof erhalten. Einer der Nachfahren von Michel Hirsch ist der weltbekannte Violonist Daniel Hope (aktuelle Einspielung „My Tribute to Yehudi Menuhin“ - Deutsche Grammophon), der seinen Potsdamer Vorfahren in seinem Buch „Familienstücke: eine Spurensuche.“ im Stammbaum aufführt.

Die Radierung mit dem Porträt von Michel Hirsch aus dem Jahre 1762 (siehe Anlage) stammt von bekannten Kupferstecher, Maler und Radierer Georg Friedrich Schmidt (* 24. Januar 1712 in Schönerlinde bei Berlin; † 25. Januar 1775 in Berlin). Georg Friedrich Schmidt besuchte seit dem Jahre 1727 die Akademie, bildete sich, nachdem er von 1730 bis 1736 im Artilleriekorps gedient hatte, in Paris unter dem Kupferstecher Nicolas Larmessin weiter. Im Jahre 1742 erwarb er die Aufnahme in die französische Akademie. 1744 folgte er einem Ruf als Hofkupferstecher nach Berlin, 1757 nach Sankt Petersburg, wo er unter anderem das Bildnis der Kaiserin Elisabeth stach und eine Kupferstecherschule organisierte. Ab dem Jahre 1762 wirkte er wieder zu Berlin und starb dort am 25. Januar 1775. Schmidt hat sowohl Blätter in regelmäßigem, glänzendem, jedoch etwas kaltem Stich als besonders geistreiche Radierungen ausgeführt, in welchen er sich ganz an Rembrandt anschloss, dessen Radierungen er auch bisweilen nachgeahmt hat. Die Zahl seiner Blätter beläuft sich auf 200. Schmidt war mit dem Hofmaler Antoine Pesne befreundet.

Die wertvolle Radierung wurde vom Förderverein des Potsdam-Museums im Auktionshaus Ahlden erworben und aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen finanziert.