Das besondere Exponat (15)

Flasche für Ammoniak-Liniment aus der Apotheke zum Goldenen Hirsch in Potsdam
Material/Technik: Glas (farblos, manganstichig) / formgeblasen
Maße: H. 7, 1 cm, Dm. (Korpus unten)
3,4 cm, Dm. (Korpus oben) 3,5 cm
Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte
Foto: Elke Hübener-Lipkau

Vier Apotheken bestimmten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die Versorgung der Potsdamer Bevölkerung mit Arzneimitteln. Die Apotheke Zum Schwarzen Bär (gegr. 1654), die Adler-Apotheke (gegr. 1725), die Löwen-Apotheke (gegr. 1733)
und die Apotheke zum Goldenen Hirsch (gegr. 1735). Erst 1848 hob Friedrich Wilhelm IV. das von Friedrich II. hundert Jahre zuvor ausgestellte Privileg auf, das allein diesen vier Apotheken den Verkauf von Arzneimitteln in Potsdam erlaubte
(vgl. Biela, Potsdamer Apotheken, 2004, S. 25f.). Von diesem Zeitpunkt an erfolgten mehrere Neugründungen, u. a. die der Luisen-Apotheke (gegr. 1848 als Apotheke vor dem Brandenburger Tor).



Beschreibung: 
Kleine zylinderförmige Flasche aus farblosem, manganstichigem Glas mit zahlreichen Einschlüssen, Eisboden, Abriss unverschliffen, auf dem Korpus Etikett mit Beschriftung „Königl. priv. Hof-Apotheke zum goldenen Hirsch/POTSDAM, Lindenstr. 48. Fernsprecher 235/[Rezeptur] Linim.[entum] Ammon.[iatum] 27./2.20/50,0/AEUSSERLICH/R. Scheinert/Hof-Apotheker/Sr. Majestät des Kaisers u. Königs.“, verlängerter breiter Hals, Mündung mehrfach ausgebrochen. Die Flasche enthielt eine Salbe zum Einreiben u. a. bei rheumatischen Schmerzen (vgl. Irion, Drogisten-Lexikon, 1955, S. 76).

Die Apotheke zum Goldenen Hirsch in der Lindenstraße 48 besteht bis heute. Das Gebäude aus der Zweiten Stadterweiterung wurde erst wenige Jahre nach seiner Errichtung durch die Anbringung eines Seitenflügels mit vergrößertem Keller für die Einrichtung eines Laboratoriums apothekentauglich gemacht (vgl. hierzu und zu Folgendem Goerke, 250 Jahre Hofapotheke zum goldenen Hirsch, 1985, S. 23–26, 42–44; Biela, Potsdamer Apotheken, 2004, S. 187f.). 1762 erwarb
Apotheker Carl Heinrich Harsleben zudem das nebenliegende Gebäude, Nr. 49, und konnte damit den Betrieb erfolgreich vergrößern.

Der auf dem Etikett genannte Hof-Apotheker Richard Scheinert führte die Apotheke ab 1875 zunächst als Verwalter und dann als Inhaber bis zu seinem 83. Lebensjahr. Auch nach 1918 verwendete er Etiketten, die ihn als Hof-Apotheker „des Kaisers und Königs“ auszeichneten. 1927 übergab er die Geschäftsleitung an den aus Düsseldorf stammenden Bertram (Bruno) Schumacher, der die Apotheke bis zu seinem Freitod im Frühjahr 1945 führte. Das während der Bombardierung Potsdams stark zerstörte Gebäude wurde während des weiterhin laufenden Betriebs bis 1950 wiederhergestellt. 1958 in staatlichen Betrieb übergegangen, steht die Apotheke seit 1990 wieder unter privater Leitung. 1985 widmete Prof. Dr. Dr. Heinz Goerke († 2014), zum damaligen Zeitpunkt Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin der Ludwigs-Maximilians-Universität München, der Apotheke eine Festschrift zum 250-jährigen Bestehen. Die Flasche wurde 2011 aus Privatbesitz erworben.
[Uta Kaiser, Monika Krüger]